Die Rechtsanwalts-und Rentenberatungskanzlei Peter Knöppel berichtet von einem am 25.02.2016 vom Landessozialgericht Sachsen-Anhalt entschiedenen Fall zur Mitwirkungspflicht zur Abwendung eines Rentenanspruches.
Was ist passiert:
Der Kläger beantragte eine Erwerbsminderungsrente. Er war zuletzt als Maurer versicherungspflichtig tätig. 1985 erlitt er einen Verkehrsunfall mit dem Moped, bei dem er durch einen rückwärtsfahrenden Lkw überrollt wurde. Mit Erstgutachten 1986 wurde ihm eine Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenkes nach zentraler Hüftluxation angegeben.
Der Kläger bezieht eine Unfallrente von der Bergbauberufsgenossenschaft (BBG) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v.H.
Nach 2 erfolglosen Erwerbsminderungsrentenanträgen legte der Kläger gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 2010 Klage ein.
Die Beklagte wandte unter anderem ein, dass zur Behebung des Hüftschadens, eine Hüftgelenksoperation mit Implantation möglich sei und verlangte vom Kläger die Mitwirkung bei dieser Operation.
Das Landessozialgericht hat die ablehnende Entscheidung des Sozialgerichtes aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger die beantragte Erwerbsminderungsrente zu gewähren.
Gründe:
Das Landessozialgericht hat nach verschiedenen eingeholten medizinischen Gutachten festgestellt, dass der Kläger teilweise erwerbsgemindert ist und wegen der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes Anspruch auf eine volle Erwerbsminderungsrente hat.
Entscheidend für die Feststellung der Erwerbsminderungsrente ist die konkrete Betrachtungsweise des Leistungsbildes des Klägers auf eine EM-Rente. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist für das Leistungsbild der aktuelle Körperzustand des Klägers maßgebend.
Die Beklagte konnte den Kläger nicht ernsthaft zur Mitwirkung an einer konkreten Heilbehandlung- hier eine Hüftgelenksimplantation verpflichten.
Grenzen der Mitwirkungspflicht
Richtig ist, dass die Mitwirkung an einer konkreten Heilbehandlung nach § 65 Sozialgesetzbuch Nr.1 möglich ist und ein konkretes Verlangen des Leistungsträgers voraussetzt.
Unabhängig davon, ist aber im vorliegenden Fall die Grenze einer zumutbaren Mitwirkung des Klägers an einer Heilbehandlung deutlich überschritten.
Eine Hüftgelenksimplantation kann von einem Versicherten zur Abwendung eines Rentenanspruchs nicht verlangt werden.
Nach § 65 Abs. 2 SGB I können Behandlungen und Untersuchungen, bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben und Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten abgelehnt werden.
Unter dem Gesichtspunkt des erheblichen Eingriffs einer Hüftgelenksoperation in die körperliche Unversehrtheit ist eine solche Maßnahme für einen Versicherten nicht mitwirkungspflichtig, so das Gericht.
Fazit
Sicher ist man verpflichtet, an bestimmten Mitwirkungshandlungen im Sozialrecht teilzunehmen. Hierzu gehören auch nach § 63 SGB I Heilbehandlungen. Der Antragsteller ist aber nicht verpflichtet, solche Heilbehandlungen an sich durchführen zu lassen, bei denen nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese mit erheblichen Schmerzen oder einen erheblichen Eingriff bedeuten. Selbst wenn mit der Operation möglicherweise die Erwerbsfähigkeit deutlich gebessert werden kann, ist niemand zu dazu verpflichtet, einen Rentenanspruch dadurch zu verhindern, dass er sich medizinisch behandeln lassen muss, wenn die Operation einen massiven Eingriff in den Körper des Betroffenen verursacht. Einen Rechtsanspruch auf eine solche Mitwirkungshandlung hat der Rentenversicherungsträger dann nicht.
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Peter Knöppel
Rechtsanwalt , Fachanwalt für Sozialrecht und gerichtlich zugelassener Rentenberater
Spezialisiert auf gesetzliche Rente, Unfallrente, Schwerbehindertenrecht und Sozialrecht allgemein.
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