Darf das Jobcenter richterlichen Fragen verweigern und so rechtsmissbräuchlich einen Prozess mit Urteilsfindung provozieren.
Die rechtsmissbräuchliche Prozessführung eines Mitarbeiters des Jobcenters Heilbronn führte zur Verurteilung zu 1000 € Verschuldenskosten und den im Widerspruchsverfahren angefallenen Anwaltskosten.
Die Rechtsfrage: Darf Jobcenter richterliche Fragen ablehnen
Darf das Jobcenter Fragen des Sozialgerichtes als nicht entscheidungserheblich ablehnen, weil es trotz Vorlage von Einkommensnachweisen Leistungen aus HartzVI nur vorläufig bewilligte.
Sachverhalt
Das Einkommen der Kläger reichte nicht aus, um den Grundsicherungsbedarf für sich und ihren beiden minderjährigen Kinder zu decken. Obwohl die klägerischen Eltern Einkommensnachweise vorlegten, bewilligte das Jobcenter Heilbronn Arbeitslosengeld-2 nur vorläufig bis zur Vorlage des tatsächlichen Einkommens.
Der Anwalt der Kläger legte Widerspruch ein und machte geltend, das aufgrund der bereits eingereichten Einkommensnachweise das Jobcenter ihnen nicht nur vorläufig, sondern auch endgültig aufstockendes „Hartz IV“ hätte gewähren müssen. Mit Abhilfebescheid gab das Jobcenter den Klägern Recht und bewilligte
endgültige SGB II-Leistungen. Das Job-Center weigerte sich aber, die für die Kläger entstandenen Anwaltskosten zu zahlen. Das Job-Center argumentierte, dass sein Vorgehen habe den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen.
Dagegen legten die Kläger beim zuständigen Sozialgericht Klage ein. Das Jobcenter lehnte es gegenüber dem Sozialgericht ab zu erklären, weshalb es ungeachtet der Vorlage von Einkommensnachweisen zunächst nur vorläufig Leistungen bewilligte.
Der Prozessvertreter des Jobcenters sagte dem Gericht, dass die gerichtlichen Fragen nicht entscheidungserheblich sind und er diese Fragen nicht beantworten werde. Zudem bestand er , trotz richterlichen Hinweises den Klageanspruch anzuerkennen , auf einer gerichtlichen Entscheidung nach mündlicher Verhandlung unter Mitwirkung von ehrenamtlichen Richtern.
Das Urteil des Sozialgericht
Das Sozialgericht Heilbronn hat das Jobcenter verurteilt, die den Klägern entstandenen Kosten im Widerspruchsverfahren zu erstatten. Ihr Widerspruch war erfolgreich. Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören auch die Anwaltskosten.
Prozessführung des Jobcenters war missbräuchlich
Neben den Anwaltskosten musste das Job-Center auch sogenannte Verschuldenskosten in Höhe von 1000 € zahlen.
Die Prozessführung des Jobcenters war missbräuchlich und stehe im Widerspruch zur langjährigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Ein verständiger Prozessbeteiligter hätte die Aussichtslosigkeit der weiteren Rechtsverteidigung erkannt und den Klageanspruch anerkannt.
Der Vertreter des Jobcenters hat ohne neue Argumente auf einem Gerichtsurteil beharrt, was für das Gericht einen erheblichen Arbeitsaufwand bedeutete. Der Richter musste Zeit aufwenden für die Abfassung des Urteils und dessen Korrektur. Daneben entstanden weitere Gerichtskosten, wie der Schreibdienst und die Zustellung des Urteils an die Parteien. Hierfür musste das Jobcenter die Verschuldenskosten von 1000 € zahlen.
Fazit
In unserer Praxis erleben wir solche Sachverhalte leider auch sehr häufig. Das Job-Center erteilt vorläufige Bescheide, obwohl diese Sachverhalte vollständig ermittelt sind und Leistungen endgültig zu bewilligen sind. Oder Unterlagen kommen weg. Wir legen gegen solche vorläufigen Bescheide auch Widerspruch ein, wenn die Rechtsgrundlage für die vorläufige Bewilligung einfach nicht da ist.
Gerne überprüfen wir Ihre Hartz-IV Bescheide und helfen Ihnen in dieser Angelegenheit. Bitte vereinbaren Sie mit uns einen Termin.
Ihre Rechtsanwaltskanzlei Peter Knöppel
Sozialgericht Heilbronn, Urteil vom 23.06.2016 – S 15 AS 133/16
Peter Knöppel
Rechtsanwalt , Fachanwalt für Sozialrecht und gerichtlich zugelassener Rentenberater
Spezialisiert auf gesetzliche Rente, Unfallrente, Schwerbehindertenrecht und Sozialrecht allgemein.
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